Jörg Muđenhuber . Erftes Kapitel . Im Jahre 1594 hatte der Stadtſchreiber von Nördlingen einen ſeltſamen Beſuch . Ein etwa zwanzigjähriger , baumſtarker fremder Burſche , verwahrlost und zerlumpt , kam eines Morgens auf die Amtsſtube , pflanzte ſich ohne Gruß dem Schreiber gegen über und ſtarrte ihn ſchweigend an . Auf die barſche Frage : „ Was willſt du ? " antwortete er eben jo barich : ,, Einen Strid ! " Der Stadtſchreiber ſagte , da ſey er fehlgegangen , der Seiler wohne links um die Ecke . Der Burſche aber erwiderte , den Seiler brauche er nicht , ſondern den Henker ; er wolle gehenkt ſeyn . Dem Stadtſchreiber gruſelte es , denn er glaubte , der fremde Kerl ſey verrüdt . Er rief daher einen handfeſten Knecht herbei , ehe er das wunderliche Geſpräch weiter führte . Der Fremde bekannte ſich nun als einen heimatloſen Land ſtreicher , von ſeinen Genoſſen Jörg Muckenhuber geheißen , und da ſeine Sprache aus eben ſo vielen Lappen von allerlei Mund art zuſammengeflict war , wie ſein Rock aus alten Tuchlappen , ſo mußte man ihm auch wohl ohne Heimatſchein glauben , daß er überall und nirgends zu Hauſe ſey . Er erzählte dann kurz und kalt , daß er vor mehreren Wochen einen reiſenden Krämer auf Nördlinger Gebiet ermordet , auch zwiſchen Augsburg und Raufbeuren einen wälſchen Juden umge bracht habe . Der Jude und der Krämer ließen ihm aber Nachts keine Ruhe mehr : darum wolle er gehenkt ſeyn , und da er den leßten Mord auf Nördlinger Grund und Boden begangen , ſo