Haus der Abgeordneten . Achtundzwanzigste Sizung am 17. Januar 1873 . 631 diese Thatsachen legen , so will ich es besonders urgiren , daß die Kultur , welche die Kirche damals trug , nicht die spezifisch christliche Kultur von heute war ; ( Sehr richtig ! links . ) das war vielmehr die allgemeine humane Kultur . Diese Kultur haben die alten Heiden ebenso gelehrt , in sich aufgenommen , sanktionirt , wie die Kirchenväter . Aristoteles , Plato , Galen waren gerade so anerkannt , wie Augustinus und Tertullianus . ( Ruf im Centrum : Das ist noch heute der Fall ! Anderer Ruf : Aber nicht in Glaubenssachen ! ) Nicht in Glaubenssachen , allerdings . ( Heiterkeit . ) Das ist es ja eben , daß Sie dies immer verwechseln . Sie stellen sich an , ols ob die alte Kirche , die wirkliche Kultur kirche ihre Stellung durch die dogmatischen Dinge erlangt hätte , die sie getrieben hat . Nein , meine Herren , sie hat ihren Werth dadurch erlangt , daß sie wirklich die Trägerin der ganzen humanen Entwickelung war , ( Sehr wahr ! links . ) nicht als Trägerin der dogmatischen Entwickelung . Nach und nach ist es durch diese Thätigkeit der humanen Kirche , durch die Klöster , durch die Klosterschulen , durch die Geistlichen , die Weltgeistlichen und die Kirchengeistlichen dahin gekommen , daß eine größere Menge von Personen an dem Wiſſen Theil nahm , daß die Laien als gleichberechtigte Träger der Kultur fich erheben konnten , und , meine Herren , von dem Augen blicke an beginnt nicht bloß die Keßerei , sondern eben auch die einseitig dogmatische Entwickelung der Kirche und des Papstthums . ( Ruf : Arius ! ) Ja , meine Herren , der eine oder andere Kezer war schon früher da , das will ich zugestehen , allein , die alte Keperei , das war in der That eine andre , als die neue . Wir wollen ja hier nicht auf große Konzilien - Verhand lungen eingehen , aber , meine Herren , das liegt auf der Hand , daß die moderne Keßerei , gegen welche Sie kämpfen und in deren konsequenter Ansbildung die Weltgeschichte den Gang genommen hat , den sie jezt einhält und aus dem schließlich auch die neuesten politischen Gestaltungen hervor gegangen find , der italienische und dann der französische Krieg , diese Keßerei ist späteren Datums , die datirt von dem Augenblicke , wo das wissenschaftliche Laienthum mit der Kirche in Konflikt gerieth . Dieses wissenschaftliche Laienthum hat bekanntlich seinen erhabenften Ausdruck gefunden in einem der größten Herr icher Geschlechter Deutschlands , in dem der Hohenstaufen . Es war der große Kaiser Friedrich II , der es versucht hat , in staatlichen Formen den humanen Gedanken zu fixiren . Die Hohenstaufen sind in den blutigsten Kämpfen unterlegen , die Hierarchie hat triumphirt , sie hat dann ihre weitere Ent . wickelung gemacht und sie hat sich mehr und mehr in diesen spezifisch dogmatischen Styl hineingelebt . Aber , meine Herren , sie hat zugleich von der Zeit an mehr und mehr den abſon derlichen Charakter des Ultramontanismus angenommen , indem sie allmählich immer ausschließlicher das Kardinals Kollegium aus Italienern zusammenseßte , die Päpste immer mehr ausschließlich bloß aus italienischen Bischöfen hervors gingen und das Papstthum als solches sich mehr und mehr als eine eigentlich italienische Kirchengewalt darstellte . Das werden Sie doch nicht bestreiten ! fassen wir die Sache auf , meine Herren , und ich sage Ih nen das nicht bloß , um hier mit einem fleinen Stud Ge lehrsamkeit zu glänzen , sondern weil ich die Ueberzeugung habe , es handelt sich hier um einen großen Kulturkampf . Von diesem Standpunkt aus trete ich auch an die Beur theilung dieses Gesezes heran . Es ist für mich nicht ein Gesez von heute auf morgen , sondern es ist ein Gesez aus der großen Entwickelung der Jahrtausende . ( Widerspruch im Centrum . ) Daß es nicht der würdigste Ausdruck dafür ist , dar über will ich nicht streiten , aber ein Ausdruck ist es . Nun , meine Herren , dieses italienische Papstthum , aus welchem der Ultramontanismus in seiner modernen Form hervorgegangen ist , dieses ultramontane Papstthum hat , in dem es in den vatikanischen Beschlüssen eine bis dahin ganz Basen der Verhandlung auch zwischen dem allerwohlwollen neue , ganz unerhörte Form gewonnen hat , allerdings die sten Staate und der Kirche verrückt . ( Widerspruch im Centrum . ) Ja , meine Herren , wohlwollender konnte wirklich kein Staat gegen den Katholizismus sein , als Preußen gewesen iſt . ( Widerspruch im Centrum . ) Meine Herren , in diesem Augenblicke bestreiten Sie Alles ; man kann sagen , was man will , so sagen Sie - Nein ! " ( Heiterkeit . ) ―――― Ich berufe mich darauf , daß in den Schriften Ihrer schof v . Ketteler erinnern hauptsächlichsten Vertreter ich will Sie nur an den Bi hervorgehoben ist , daß die Basis des Verhältnisses zwischen Kirche und Staat , wie sie in Preußen gewonnen sei , die beste sei , welche überhaupt existirt . Ja , der Bischof v . Ketteler hat ausdrücklich den Wunsch ausgesprochen , daß auf dieser selben Basis fortgebaut möchte . Daher sage ich , der Preußische Staat war gewiß werde , und daß der Deutsche Staat dieſe Baſis acceptiren der wohlwollendste , den Sie gefunden haben , außerhalb des Kirchenstaates . - ( Heiterkeit . ) Nichts desto weniger ist es der Regierung nicht möglich gewesen , ohne Konflikte vorwärts zu kommen . Ein Konflikt nach dem andern hat sich aufgebaut . Als im Jahre 1821 ( Widerspruch im Centrum . ) erlauben Sie mir , es hat doch die Sache nicht mit der Ver fassung angefangen als im Jahre 1821 die Bulle de salute animarum vom Papst erlassen wurde , da erklärte er ausdrücklich , wie sehr er dies Wohlwollen des Königs von es preise ich habe die Bulle Preußen auerkenne , wie er augenblicklich nicht zur Hand , sonst könnte ich Ihnen vorle sen , welche außerordentlichen Lobpreiſungen er ausspricht über dies Vorgehen der Preußischen Regierung . So war unsere Regierung immer , und , meine Herren , sie hat nie es fehlen lassen , soviel ich weiß , an dem ernstesten Bestreben , mit der fatholischen Kirche zu einer dauernden Verständigung zu ge Langen . Aber dann ist auch immer wieder der Punkt ge = kommen , wo die Bischöfe so will ich lieber sagen statt Kirche wo die Bischöfe diese Verständigung vereitelten ; fie wollten nicht zu einer definitiven Lösung kommen , sie wollten nur die absolute Freiheit und die finanziellen und Im Jahr 1821 , sonstigen Zugeständnisse der Regierung . als man sich mit den Bischöfen in Verhandlungen einließ , um die Versprechungen , die gemacht worden waren , wirklich auszuführen , da ergaben sich sofort die größten Schwierigkei ten , man fam nicht zu einer Verständigung . Im Jahre 1848 und in den folgenden Jahren , als die Verfassungs - Artikel ( Widerspruch im Centrum . ) So ? Das ist aber die historische Entwickelung . So aufgestellt waren , 1849 , 1850 , da hat man wieder versucht , Verhandl . d . Hauses d . Abg . 96 - ―――― -