504 Machtmitteln , seinen Einfluß zu kräftigen . Die Zeitverhältniſſe | kamen ihm fördernd entgegen . Binnen kurzem mußte ein heftiger Streit entbrennen zwischen den früheren Genossen und ihren Geg nern . Was war zu gewinnen , wenn er zu jenen hielt ? Kaum ein freundlicher Dank . Es ſchien ſich ja ganz von ſelbſt zu verstehen , daß er ihnen billige Dienste zu leisten hatte . Wenn er aber zur Partei der Gegner übertrat das mußte Aufsehen erregen , das mußte ihm eine Bedeutung geben , die er vorhin nicht hatte und auf jener Seite nie erlangen konnte . Sie kannten ihn gut genug , um zu wiſſen , auf welcher Seite seine Neigung war ; wollten sie ihn zu sich zurückziehen , so mochten sie dann auch den Preis dafür zahlen , ihn nicht zum Gegner zu haben . Er war entschlossen . Auch in Niederbronn war eine , wennschon für jezt noch kleine Partei , die sich auf die Linke stellte . Man hatte dort Herrn von Schellen zu nahe gehabt , um seinen Uebertritt nicht sehr verdächtig Das großherzogliche Schloß zu Schwerin . ( Zu dem Bilde auf S. 501. ) Kein schönerer Bau im hohen Norden unsres Vaterlandes als jener , in dem Großherzog Friedrich Franz von Mecklen burg seine Residenz aufgeschlagen hat ! Da , wo bei der alten Stadt Schwerin der Burg- und der Schwerinersee zusammenstoßen , ragt auf einer Insel , die mit der Stadt durch eine Brücke verbunden ist , der vielgethürmte , formen bunte , sonderbar gegliederte Bau auf , umfangreich , glänzend und durch seine architektonische Anordnung verwirrend . Himmelan strebend mit seinen Giebeln und Spißen im nordischen Renaissance stil , überragt von der 200 Fuß hohen , reich vergoldeten Kuppel , steht es da , zugleich ernst und anmuthig , mannichfaltig und reich , die Wirkung erhöht durch die Boskete des Schloßgartens wie durch den Hintergrund der den Wasserspiegel umschließenden bewaldeten Anhöhen . Das Gesammtbild ist wunderbar schön und überraschend . An den Außenwänden ist die Hauptfront mit zahlreichen Figuren , Inschriften und dem kolossalen Reiterstandbilde des slavischen Für sten Niklot geschmückt . Im Hofmarschallamte lösen wir eine Karte zur Besichtigung des Jnnern . Es iſt nicht der Reiz des ursprünglich Alterthümlichen , der in manchen alten Burgen und Schlössern unser Gemüth um fängt , sondern mehr die moderne Pracht , der Luxus der Gegen wart , welche auf uns wirken . Aber immerhin lehnt der Schmuck , wie die Einrichtuug , sich an die gediegene alte Zeit an . Im Erd geschosse ist es zunächst die reiche Waffenhalle , die uns fesselt , eine äußerst werthvolle Sammlung , ein Schoßtind des regierenden Großherzogs . Die Fenster derselben zeigen die brillant ausgeführ ten Glasmalereiporträts der mecklenburger Fürſten . Die herrliche breite Treppe mit weißen Marmorstufen führt uns hinauf in den großartigen goldenen Saal , zu dem in Pracht strahlenden Thron saal , dem mit Fresken von Elster geschmückten Sagenzimmer und zu den Privatgemächern des Großherzogs . Alles kostbar , reich , aber nicht zu ausführlicher Schilderung verlockend . Lieber berichten wir dem Leser einiges aus der Geſchichte des Schlosses , das heute wohl modern vor uns steht , in seinen Uran fängen aber über ein Jahrtausend alt ist . Und es ist eine bedeut same Stelle , an der wir hier stehen , wichtig für die Geschichte des Nordens und die Kulturgeschichte des gesammten Vaterlandes , denn hier tobten die Kämpfe zwiſchen den alten heidnischen Wenden vom Stamme der Obotriten und den deutschen Sachsen besonders heftig ; hier siegte schließlich das germanische Schwert und das Kreuz des Glaubens über den heidnischen Slaven und ward eine Stätte deut scher Kultur begründet . zu finden . Aber diese kleine Partei zählte einige ſehr rührige Mit glieder , unter ihnen jenen Arbeiter Flemming , den der alte Potter schon lange als einen unverbesserlichen Raisonneur kannte . Flemming hatte einen Anhang , dem sein keckes Weſen imponirte , und bei den meisten übrigen war er wegen seiner ſcharfen Zunge gefürchtet , so daß man wenigstens mit ihm jederzeit auf gutem Fuße zu stehen trachtete . Stimmten ihm also nur einzelne laut zu , so widersprach ihm doch auch selten jemand , und das gab ihm Muth zu immer neuen Ausfällen gegen die Personen , die er nun einmal nicht leiden konnte . Er war so klug zu begreifen , daß von Herrn von Schellen das Heil nicht zu erwarten sei , aber eigentlich war es auch gar nicht das Mißvergnügen mit seiner Lage , was ihn zur Opposition trieb , und darum schloß er sich unbedenklich einem Führer an , der seine Streitsucht mit Waffen versah . ( Fortschung solgt . ) Es ist ein wendischer Namen , den Stadt und Schloß tragen . Zutrin oder Schwerin bedeutet jezt noch in slavischen Sprachen eine wildreiche Gegend oder schlechthin Wildpret . Wenig glücklich ist die Deutung ,, Thiergarten " , mit Bezug auf einen heiligen Hain der Obotriten , in welchem hier weiße Rosse zu gottesdienstlichen Zwecken gehalten worden sein sollen . Hier stand die alte Slaven burg , in welcher Niklot , der lezte Obotritenfürst , hauste . Gegen ihn zog Heinrich der Löwe zu Felde . Vor der Macht des Sachsen herzogs erschreckend , steckte Niklot alle seine Burgen , auch Schwerin , Nachdruck wird gerichtlich verfolgt . Bundesgeseh Nr . 19 , vom 11. Juni 1870 . in Brand , um der Gefahr der Belagerung zu entgehen , wie der Chronist Helmold erzählt . Dann zog er mit wenigen Getreuen gegen den Feind , um ruhmvoll den Tod zu finden . „ Sein Kopf , “ so erzählt Helmold , „ ward erkannt und ins Sachſenlager gebracht , wobei mancher sich darüber wunderte , daß durch Gottes Fügung ein so großer Mann , beinahe mitten unter den seinigen , allein den Tod gefunden hatte . " Mit dem Wendenthum war es nun vorbei und Schwerin wurde jeßt ein deutsches Schloß , um das herum flandrische und sächsische Einwanderer sich niederließen und die deutsche Stadt begründeten . Das geschah im Jahre 1160 . Ueber das alte Schloß , daß wohl nur ein einfacher Bau war , ist dann noch oft Brand und Zerstörung hingegangen . Der Ver such , es architektonisch schöner zu gestalten und die einzelnen An lagen zu einem Ganzen zu vereinigen , geschah in der ersten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts unter Herzog Adolf Friedrich . Der Niederländer Ghert Evert Piloot entwarf den Plan , von dem nur ein kleiner Theil ausgeführt ward ; der Gedanke , das Schloß umzubauen , ward dann ganz aufgegeben , als Herzog Fried rich , der von 1756 bis 1785 regierte , das Schloß zu Ludwigs burg baute , welches nun die Residenz der Landesfürſten wurde . Die Schweriner Burg blieb bis zum Jahre 1835 im zerfallenen , schadhaften Zustande Sig der Regierungsbehörden ; sie enthielt das Archiv , die Bibliothek und die Kunstsammlungen . Da gelangte 1842 der gegenwärtige Großherzog an die Regierung . Er sah die herrliche Lage des alten Schlosses im See und beschloß sofort den Neubau , der bereits zwei Jahre später unter Demmlers Leitung begonnen wurde . Charakteristisch ist , was in der ganzen Architektur sich auch ausspricht , daß die Leitung nicht in einer Hand blieb , daß jeder Baumeister an den Plänen änderte und seine eigenen Ideen auf das bereits Bestehende übertrug . Wohl fehlt dem ganzen dadurch eine gewisse Harmonie , aber es entstand auch dadurch jene reizende Abwechslung , die bei alten Bauten , an denen verschiedene Zeiten gebaut , uns so wohlthuend anſpricht . Was von dem Bestehenden zu erhalten war , wurde in den unter Benugung von Piloots Zeichnungen entworfenen Plan hinein gezogen , der nordische Renaissancestyl , wie er in dänischen Schlössern so prächtig uns entgegentritt , unter Beihilfe französischer Schloß bauten , zumal Chambords , beibehalten . Abgesehen von seiner historischen Geltung entsprach gerade er dem malerischen Effekt wie den Erfordernissen , die man an einen Residenzbau stellte . Im Jahre 1851 trat der preußische Oberbaurath Stüler an Demmlers Stelle und in ſechs Jahren war das herrliche Schloß vollendet . Der Chor der Schloßkirche rührt von dem Kölner Dom baumeister Zwirner her ; der Oberhofbaurath Stracke war beim innern Ausbau thätig . So vereinigten sich die ersten Architekten unserer Zeit zur Schaffung des herrlichen Werkes , das an Glanz und Pracht , an Schönheit der Ausführung mit den gefeiertſten Schloßbauten der Neuzeit wetteifert und von den Mecklenburgern mit Recht als die architektonische Perle ihres Landes gepriesen wird . •