Jeden Sonnabend (ausgenommen im Monat Auguſ) erſcheint eine Nummer. – panumeration erreis für das Quartal: 1 Tblr. Court. Allgemeine Alle Buchhandlungen, ſowie die Poſtamter nehmen Beſtel lungen an. – Beiträge ſind an den Herausgeber in Berlin porto frei einzuſenden. Deutſche Strafrechtszeitung zur Förderung einheitlicher Entwickelung auf den Gebieten des Strafrechts, des Strafproceſſes und des Gefängnißweſens, ſowie für ſtrafgerichtliche Medicin. Unter ſtändiger Mitwirkung von Prof. Dr. Berner, Strafanſtaltsdirektor Hoyer, Prof. Dr. Krahmer, Geh. Rath Prof. Dr. Mittermaier, General-Staatsanwalt Dr. Schwarze herausgegeben von Dr. Franz von Holtzendorff, Profeſſor der Rechte. 1862. ./6. 1. –- Sonnabend, den 4. Januar. -– Die Form der Anklageſchrift. I Es iſt eine auffallende Erſcheinung, daß neuerdings ein bayeriſcher und ein rheiniſcher Juriſt die Aufſtellung einer Anklageſchrift im deutſchen Strafverfahren für entbehrlich er klärt, ja ſogar widerrathen haben. („Strafrechtspflege“ I. Heft 6, S. # und II, S. 361.) Die Zweckmäßigkeitsgründe, welche dafür ins Feld geführt werden, vermögen ſchwerlich den praktiſchen Ä zu überzeugen. Wenn aber dem Widerſpruche gegen die in Deutſchland faſt allgemeine Vor # (Ausnahmen z. B. Sachſen, Bayern und Oeſterreich) as glänzende Relief einer „Conſequenz aus den wahren Grundſätzen des mündlichen und Ä “ gegeben wird, ſo verlohnt es ſich der Mühe, dieſen Zuſammeuhang näher zu prüfen. Dieſe Prüfung halte ich ohnehin für nütz ich; die Praxis bedarf bei uns der Mahnung zu einer ehr lichen, bewußten Durchführung der Mündlichkeit noch gar ſehr und dafür, ob ſie ſchon ſiegreich iſt oder nicht, giebt die übliche Einrichtung der Anklageſchriften einen höchſt bezeichnenden Maßſtab ab. Ein wirklich mündliches Verfahren – ich meine ein ſol ches, in dem das Urtheil in Wahrheit auf dem Hauptver fahren ruht, auch das Hauptverfahren den ganzen Gegenſtand des Urtheils möglichſt unmittelbar reproducirt! – iſt ohne Anklageſchrift nicht möglich. Sie iſt der Mittel- und Sammelpunkt des ganzen Verfahrens, die Feſtſtellung ſeines Thema's; ohne ſie würde das Vorverfahren ziellos, das Zwiſchen verfahren haltlos, das Hauptverfahren formen- und ſchranken los werden! Ohne ſie würde die Vertheidigung planlos und wehrlos ſein! Nicht oft genug kann betont werden, daß die Herſtellung der wirklichen. Mündlichkeit („Unmittelbarkeit“) gradezu ab hängt von der Einſchränkung des (ſchriftlichen) Vorverfahrens auf ſeinen Zweck – dieſer Zweck wäre nicht zu präciſiren, das Ziel des Vorverfahrens nicht Ä se die feſte Sie vorzubereiten iſt die Be Form einer Ä - ſtimmung der Vorunterſuchung, dieſe Aufgabe ſcharf zu begränzen iſt das wirk Ä. Heil- und Präſervativmittel gegen den Rückfall in die alten Sünden des geheimen ſchrift lichen Inquiſitionsproceſſes! Nicht oft genug kann betont werden, daß die Initiative des Anklageorgans rein und kräftig herzuſtellen iſt, wenn die Anklageform eine Wahrheit ſein ſoll. Je entſcheidender und bedeutſamer man aber dieſe Initiative machen will, deſto nothwendiger wird es, ihre Ausübung an der offenbar wich tigſten Stelle zu Ä Form durchzubilden! Nicht eindringlich genug kann hervorgehoben werden, daß dem Ä (Prüfung der Anklage, Stellung vor Gericht) ein einfaches deutliches Thema zu unterbreiten iſt, wenn es ſeiner Bedeutung entſprechen, nämlich eine treffliche Bürgſchaft gegen Irrthum und Ungebühr ſein ſoll. Und die lebendige contradiktoriſche Verhandlung, die feſte Begränzung ihres Gebietes, die Regelung des ÄÄ rens, die vollſtändige Vorbereitung der Vertheidigung – wie ſollten ſie möglich ſein, wenn nicht deutlich und endgül tig ausgeſprochen iſt, was anklägeriſch behauptet wird, und wie das Behauptete bewieſen werden ſoll. Die willkürliche Vermengung der Stadien des Verfahrens hat Köſtlin mit Recht vor Allem als das Grundgebrechen des früheren Criminalproceſſes bezeichnet – ihr würde wie derum Thür und Thor geöffnet, wenn der Sammelpunkt zwiſchen dem vorbereitenden und dem Urtelsverfahren wegfiele – die förmliche Anklageſchrift! Eine Schrift! Auch in ganz geringfügigen und einfachen Fällen beſteht der Inhalt der Anklage aus einem ſo kurzen Ä deſſen urkundliche Firrung dennoch nie entbehrt werden kann. Dieſe Andeutungen ſcheinen mir genügend zur Lebens rettung der Anklageſchrift, ihren höchſt vereinzelten Feinden gegenüber. 1. Aber im unmittelbaren Anſchluß an die Frage der Eriſtenz läßt ſich die der Organiſation behandeln. Das „Wie“ iſt Ä º denſelben Geſichtspunkten zu entſcheiden, wie as „Ov“. – Das engliſche Verfahren, ganz beherrſcht vom Grundſatz der Mündlichkeit, hat eine ganz kurze, ſteif formelle Anklage unter deren pedantiſchen Ä Loco sigilli der Zopf ge malt werden könnte. Das franzöſiſche Verfahren, in dem, milde geſprochen, die pomphaft verkündete Mündlichkeit nur