I. Daß Sokrates als Gegner aller naturphiloſophiſchen Speku lation ſich ausſchließlich mit ſeiner Forſchung auf ethiſchem Ge biet bewegt habe, wird durch die glaubwürdigſten Berichterſtat ter des Alterthums bezeugt. In dieſem Punkte herrſcht zwiſchen Xenophon, Plato und Ariſtoteles die vollkommenſte Ueberein ſtimmung!). Wenn gleichwohl in neuerer Zeit die Beſchrän kung des ſokratiſchen Philoſophirens auf ethiſche Fragen in Zwei fel gezogen worden iſt, ſo geſchah dies nur, weil man eine ſolche mit der Bedeutung des Sokrates als Philoſophen nicht zu vereinigen wußte?). Dagegen betrachten wir es als unſere erſte Aufgabe, jene Einſeitigkeit des Sokrates, womit er ſich innerhalb gewiſſer Grenzen der Forſchung gehalten hat, als eine in ſeinem philoſophiſchen Standpunkte wohlbegründete nachzu weiſen. Wenn freilich die Abwendung des Sokrates von der Naturphiloſophie in dem Sinne zu verſtehen wäre, daß er !) Xen. Mem. I., 1, 11–16. IV., 7, 6. 7. Plat. Apol. p. 19, B. C. D. Aristot. Met. I., 6. - *) Insbeſondere iſt es Schleiermacher (Abhandlungen der königl. Aka demie der Wiſſenſch. in Berlin 1811–1818, phil. Klaſſe p. 52) geweſen, welcher kein Verdienſt des Sokrates darin ſehen wollte, an die Stelle der Naturphiloſophie die Erforſchung des ſittlichen Lebens geſetzt zu haben, weil nicht durch die einſeitige Behandlung des Sittlichen oder des Natür lichen, ſondern nur durch das Ineinandergreifen beider Forſchungen die Philoſophie ihrer Aufgabe genügen könne. Und im Anſchluß an dieſe Auffaſſung hat ſpäter Brandis (Rhein. Muſ. B. 1. p. 130) behauptet, die Meinung des Sokrates ſei nur geweſen, ethiſche Unterſuchungen müß